Nachdem viele Unternehmen sich dazu entschlossen haben, die Temperaturen auf 19, 17 oder gar weniger Grad Celsius zu drosseln, um Heizenergie zu sparen, war harsche Kritik vorprogrammiert. Klar: Sparen müssen in Zeiten explodierender Kosten nicht nur Privathaushalte. Doch müssen Unternehmen Einsparmöglichkeiten nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern auch unter den Aspekten des Arbeitsschutzes beurteilen. Das gilt nicht nur fürs Heizen: Zahlreiche Lösungsansätze können Energiesparpotentiale nutzbar machen. Allerdings lassen sich diese nicht pauschal anwenden, sondern müssen an die jeweiligen Arbeitsplatzbedingungen und Möglichkeiten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber angepasst werden. Nicht selten drohen die erforderlichen Einsparbedarfe mit dem Schutzinteresse der Mitarbeitenden zu kollidieren. Doch gibt es einen Weg aus dieser Misere? Schließlich gehen Experten davon aus, dass die Energieknappheit auch in den kommenden Monaten und Jahren bestehen bleiben wird. Konkrete und ganzheitliche Konzepte sind erforderlich, um sicher zu gehen, dass das Energiesparen nicht mit dem Arbeitsschutz in Konflikt gerät. Eine frühzeitige Einbindung von Betriebsrat oder Arbeitnehmervertretung ist dabei in jedem Falle empfehlenswert. Bei allen Maßnahmen sind stets auch mögliche Auswirkungen auf Arbeitsschutz und Sicherheit zu evaluieren und zu bewerten. Doch was bedeutet das in der Praxis?

Ganzheitliche Einspar-Konzepte: Mögliche Auswirkungen müssen bewertet werden

Dass Beleuchtungen außerhalb der Öffnungszeiten und in nicht oder nur selten genutzten Bereichen ausgeschaltet werden, zählt sicher zu den einfachsten und offensichtlichsten Maßnahmen, welche Unternehmen ohne größeren Aufwand ergriffen werden können. Problematisch allerdings wird es bei sicherheitsrelevanten Beleuchtungen wie der Ausleuchtung von Gehwegen oder Parkplätzen. Auch ist zu berücksichtigen, dass andere Sicherheitskonzepte hiervon nicht beeinträchtigt werden. Noch komplexer sieht es bei der bereits erwähnten Einsparung durch Klimaregulierung aus. Denn entgegen landläufiger Auffassung besteht derzeit in der Privatwirtschaft keine Verpflichtung zur Einsparung von Heizenergie – die im September inkraft getretene Energiesparverordnung (EnSikuMaV) gilt ausschließlich für öffentliche Unternehmen und ist beschränlt bis zum 28. Feburar 2023. Zudem gibt das Arbeitsrecht Richtwerte für Mindesttemperaturen am Arbeitsplatz vor (mindestens 20 Grad Celsius bei leichten Arbeiten im Sitzen, mindestens 17 Grad Celsius bei mittlschweren Tätigkeiten im Stehen oder Gehen und mindestens 12 Grad Celsius bei scheeren Arbeiten). Zwar sind die Einsparpotentiale hier enorm, jedoch sollte die Temperatur am Arbeitsplatz grundsätzlich der dort geleisteteten Tätigkeit angepasst werden. Sind Arbeitnehmende vorwiegend im Sitzen mit wenig körperlicher Aktion tätig, sind höhere Raumtemperaturen erforderlich als bei körperlich anstrengender Tätigkeit. Effizienter kann es darum sein, Arbeitsplätze räumlich zu komprimieren, um den Heizbedarf insgesamt zu verringern, gleichzeitig jedoch eine angemessene Raumtemperatur zu gewährleisten.

Home-Office: Ein krisenerprobtes Modell?

Auch das bereits aus der Corona-Pandemie verbreitete Home-Office kann helfen, mögliche Beeinträchtigungen der Arbeitsplatzqualität und damit der Arbeitsleistung zu minimieren. Doch auch hierbei sind arbeitsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen. Denn eine Anordnung von Home-Office ist nicht ohne weiteres zulässig, sondern an spezifische Voraussetzungen geknüpft. Dennoch können Unternehmen Mitarbeitende dazu ermutigen, wo immer möglich freiwillig ins Home-Office zu wechseln. Um Verständnis hierfür und für andere notwendige Energiesparmaßnahmen zu schaffen und die Eigeninitiative der  Mitarbeitenden zu fördern, zahlen sich Awareness- und Schulungsmaßnahmen aus. Sie tragen dazu bei, transparent mit den durch die Energiekrise einhergehenden Herausforderungen umzugehen und daran zu erinnern, dass die Maßnahmen, die zu deren Bewältigung erforderlich sind, nur gemeinsam mit der Belegschaft umgesetzt werden können.